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Dr. med. Thomas Bonath, Arzt für Homöopathie, Psychotherapie

Psychische Erkrankungen sind geprägt durch höchste Individualität, werden aber auch und gerade durch Erkennung von Mustern diagnostiziert und therapiert. Am Beispiel des hochaktuellen Themas Ess-Störungen wird auf die Möglichkeiten der Homöopathie aufgezeigt. 


Nach einer Studie des Robert-Koch-Instituts ist jeder 5. Jugendliche gefährdet, eine Ess-Störung zu entwickeln. Auch wenn der Anteil von wirklich Betroffenen in der Bevölkerung geringer ist, steht hinter jeder Erkrankung ein dramatisches Geschehen, das nicht nur den Kranken belastet, sondern Eltern, Geschwister, Familie und Freunde massiv mit betrifft, in Ohnmacht, Sorge, teils Hilf- und Ratlosigkeit stürzt. 

Entgegen der offiziellen Statistik sind Ess-Störungen meist chronisch und nicht selten eine lebenslange Belastung. Homöopathie als individuelle, medikamentöse Therapie kann eine Bahnung zwischen „Kopf“ und „Herz“ bewirken und so eine schnellere Bewältigung und Stabilisierung des Erfolges erreichen. 

R:

Herr Bonath, Sie sind niedergelassener praktischer Arzt in Karlsruhe. Gleichzeitig ärztlicher Psychotherapeut und ihre therapeutischen Schwerpunkte sind psychische Erkrankungen, wie zum Beispiel Essstörungen. Erklären sie uns noch einmal ganz kurz, welche verschiedenen Arten von Essstörungen es so gibt.

B:

Es gibt drei Formen von Essstörungen, die Binge-Eating Esstörung, das ist die, die am häufigsten verbreitet ist. Hier ist es so, dass der Patient aus Frustration unkontrollierte Mengen an Nahrungsmitteln hereinstopft. Die Anorexie ist der Gegenpol, hier isst die – meistens Patientin – gar nichts mehr. Und in der Mitte ist die Bulimie. Hier kommt es durch verschiedene Verhaltensweisen nach den Essattacken zu dem Versuch, die kalorische Zufuhr wieder zu entfernen und zu regulieren.

R:

Sie sagten schon Patientin. Trifft dieses Krankheitsbild, diese Sucht, hauptsächlich auf Frauen zu?

B:

Bei der Bulimie und bei der Anorexie ist das so, da ist der überwiegende Anteil weiblich.

R:

Gibt es denn nun Möglichkeiten, um diese – es sind ja Suchterkrankungen – diese Erkrankungen auch homöopathisch zu behandeln? Entweder alternativ zur konventionellen Medizin oder zur Psychotherapie oder wird es mehr komplementär, also begleitend eingesetzt?

B:

Also sinnvoll ist es über beide Schienen, je nachdem, welche Krankheit vorliegt, vorzugehen und das miteinander zu kombinieren.

R:

Und deshalb ist es auch ganz sinnvoll, sich einen Therapeuten, einen Arzt auszusuchen als Patient, der die verschiedenen Therapiesysteme, wie Psychotherapie, konventionelle Medizin und Homöopathie in sich vereint?

B:

Genau, es ist sinnvoll hier wirklich kombiniert vorzugehen. Es ist nicht damit getan, 3 Kügelchen zu geben und der Fall ist geheilt. Es sind häufig chronische Erkrankungen. Die Homöopathie ist als Wirkpfeiler in der Therapie aber nicht zu unterschätzen, weil sie dem Patienten sehr viel Stabilität auf der einen Seite gibt, die Möglichkeit sich bei der Erkrankung zum Beispiel aus einem Rückfall schneller wieder herauszuholen. Ein wichtiger Wirkfaktor ist die sogenannten Resilienz. Das drückt sehr kompliziert aus, was jedes Stehaufmännchen in sich hat, dass, wenn es durch eine Wirkung von außen aus dem Gleichgewicht kommt, sich wieder aufrichtet. Und diese innere Fähigkeit wird durch die Homöopathie gestärkt.

R:

Sie therapieren sowohl psychotherapeutisch als auch mit Hilfe der Homöopathie, beides basiert erst einmal sehr viel auf dem Gespräch. Die Homöopathie ist zwar eine Arzneitherapie, aber sie müssen die sehr lange Anamnese machen. Überschneidet sich das dann oder vermischen sie das dann bereits oder sind das klar getrennte Vorgehensweisen?

B:

Es ist nicht klar getrennt, sondern viele Informationen bekomme ich schon über das psychotherapeutische Gespräch, über Verhaltensweisen. Aber man kann die homöopathische Anamnese noch einmal ergänzen, um die Mittel zu differenzieren. Hier kann ich also durch körperliche Symptome Mittel genauer voneinander abtrennen und besser unterscheiden.

R:

Werden diese Erkrankungen primär bei ihnen in der Praxis behandelt? Sie arbeiten ja auch in einem Krankenhaus, also stationär. Wird das kombiniert?

B:

Ja. Teilweise ist es so, dass Patientinnen aus der Klinik auch bei uns ambulant in Behandlung sind. Es gibt aber auch Patientinnen, die direkt zur ambulanten Betreuung zu uns kommen. Also beides. Es hängt ein bißchen vom Schweregrad der Erkrankung ab. Bei bulimischen Patientinnen kann man sehr wohl erst einmal ambulant anfangen, es sei denn, es liegt noch eine Begleiterkrankung wie z.B. eine schwere Depression mit vor. Also hier kann man erst einmal ambulant gut anfangen. Bei einer Anorexie, wo ein bestimmtes Körpergewicht unterschritten ist, ist eine lebensgefährliche Situation schon eingetreten, die teilweise stationär behandelt werden muss.

R:

Es sind hauptsächlich weibliche Patienten haben sie gesagt. Auch eine bestimmte Altersgruppe?

B:

Ja es ist leider so, dass mittlerweile die Patientinnen immer jünger werden. Es gibt schon Neunjährige, die hier Symptome entwickeln. Schwerpunkt liegt aber in der Pubertätsphase von 13, wobei, wenn hier eine Problematik aufgetreten ist, ist es meistens nicht so, dass das mit 1 oder 3 Jahren abgeschlossen ist, sondern dass das eigentlich eine Thematik ist, wie beim Alkoholiker, das ist ja eine Suchterkrankung, dass es dann ein Leben lang eine Thematik darstellt.

R:

Nehmen Suchterkrankungen in diesem Alter in diesem Bereich zu?

B:

Ja insgesamt nehmen psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen zu. Ein Phänomen ist ADHS, was auch sehr verbreitet ist, was jetzt keine direkte Sucht darstellt. Bei den stofflichen Süchten ist es auch so, dass eine verstärkte Zunahme, nicht nur nach Cannabis sondern auch nach anderen Drogen in der letzten Zeit zu verzeichnen ist.

R:

Wenn sie junge Patienten haben, die sie auch homöopathisch behandeln – sie haben ja sehr viele Fälle. Sie publizieren auch darüber. Gibt es denn auch schon Studien, die sich mit dem Thema Sucht und Essstörungen und Homöopathie auseinandersetzen?

B:

Ist mir nicht bekannt.

R:

Ließen sich denn solche Studien durchführen?

B:

Das ist die Problematik: Studien, das heißt, ich habe ein Kollektiv und vergleiche Kollektiv A mit dem Kollektiv B, wo unterschiedliche Maßnahmen durchgeführt werden. Das geht immer nur begrenzt, weil gerade psychische Erkrankungen sehr stark individuell geprägt sind und hier eben die Interventionstechniken sehr unterschiedlich sind. Gerade wenn verschiedene Maßnahmen angewendet werden müssen, um dem Patienten individuell gerecht zu werden, ist das kollektive Denken als Studie im Grunde genommen unangebracht. Es gibt Studien für Essstörungen insgesamt, wo bestimmte Dinge verglichen werden, aber die Aussagekraft für den Einzelnen ist dann nicht gegeben.

R:

Woran erkennen denn Eltern, dass ihr Kind an einer Essstörung leidet und wie kommen die dann zu einem homöopathischen Arzt?

B:

Je nachdem welche Essstörung vorliegt: eine Anorexie kann sich sehr schnell entwickeln, hier haben wir in erster Linie das Nicht – Essen und natürlich auch die Abnahme zu verzeichen. Bei Kindern, die 9-11 Jahre alt sind, ist die mangelnde Gewichtszunahme auch schon als anorektisches Kriterium zu verwenden. Bei der Bulimie ist es schwieriger, weil die häufig normgewichtig sind. Hier fällt aber auf, dass ein sehr starker Rückzug, von gemeinsamen Mahlzeiten beispielsweise stattfindet. Die Jugendlichen sagen – ja ich hab schon bei einer Freundin gegessen – oder – ich ess nachher mit einer Freundin. Essen zuhause erstmal nichts und ziehen sich da zurück. Auffällig ist auch, dass der Kühlschrank dann immer mal leergeräumt ist, weil unter Umständen nächtliche Attacken auftreten, die erstmal gar nicht so auffallen. Vor allem wenn ein kleiner Bruder da ist, der selber einen großen Appetit entwickelt und auch nächtlich zuschlägt. Es gibt körperliche Anzeichen, die aber erst später auftreten. Das eine sind Veränderungen an den Fingerkuppen, weil die das Erbrechen induzieren, an Zähnen durch die Säure, oder auch Schwellungen im Parotisbereich, also in der Ohrspeicheldrüse, weil der zurückgewürgte Speisebrei hier Irritationen hervorruft.

R:

Behandeln denn viele homöopathische Ärzte auch diese Suchterkrankungen oder ist das eher eine schwierige therapeutische Ecke?

B:

Ich denke nicht, dass es so schwierig ist und ich denke, dass es auch zunehmend so sein wird, dass die Homöopathen sich in diesem Gebiet bewähren werden und das wäre mir eine echtes Anliegen, denn wir sehen den Unterschied bei Patienten, die diese zusätzliche therapeutische Stütze haben, dass die einfach sehr viel schneller wieder in eine stabilere Phase reinkommen.


Dr. med. Thomas Bonath
Arzt für Homöopathie, Psychotherapie; MFPM/RCP-UK

• Privatärztliche Praxis, Autor des Fachbuches „Homöopathie bei ADHS“; 

  Verlag Peter IRL  www.irl.de
• Co-Autor des Fachbuches „Homöopathie in der Kinder- und Jugendmedizin“;
• Er ist Dozent an der 

  „Niedersächsischen Akademie  für Homöopathie und  Naturheilweisen“
• Klinische Tätigkeit im Akut-Fachkrankenhaus für Psychotherapie und 
• Psychosomatische Medizin „Klinik am Leisberg“, Baden-Baden

www.praxis-thomas-bonath.de

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Author: Homoeopathie-TV